Worte, denen keine Taten folgen
KünstlerInnen: Katharina Baumgärtner, Paul Bendau, Roman Frechen, Johannes Fuchs, Wiebke Herrmann, Nicolai Huch, Philipp Köstermenke, Hannah Sehl, Lisa Pahlke, Aaron Rahe, Simon Rosenthal, Bianca Rüterbories, Caroline Scheel, Walter Yu.
Zwölf MeisterschülerInnen der Klassen Macketanz (HfBK Dresden) und Favre (UK Berlin) eröffnen Ihre Ausstellung am Donnerstag, dem 27. April um 19.00Uhr im Rahmen des Gallery Weekends in Berlin im Projektraum des Kunstquartiers Bethanien.
Die Eröffnung der Ausstellungbildet das Ergebnis der hochschulübergreifenden Zusammenarbeit. Ziel des Projektes ist ein aktiver Austausch zwischen den verschiedenen Positionen im Ausstellungskontext, sowie eine kritische Auseinandersetzung mit den Kunstwerken selbst. Setzen aber die Meisterklassen von Christian Macketanz und Valerie Favre ihren Schwerpunkt mit dem Titel Worte, denen keine Taten folgen wirklich auf Selbstkritik?
Das eigentliche Motiv ergründen. Was erklären wir den Unwissenden, bzw. sind wir es nicht selbst – unwissend?
Wo steht die Kunst und mit ihr die Potenzial schaffende Entität „KünstlerIn“? Der Horizont verschwimmt, wir gehen weiter: Was können junge Künstler heute noch gewährleisten, wofür können Sie eintreten? Was können oder müssen Sie vielleicht sogar abschreiben? Es gibt viele Möglichkeiten: Substanzschwund, Bedeutungsüberschuss, Wahrheitsaufschub – oder was kommt nach der Behauptung!? Außerdem: Potenz-ial? Was ist das überhaupt. Ist das ein Wort!? Wer wirklich prüft, überwindet Lippenbekenntnisse. Oder?
Meine Behauptung: Im Kunst-Schaffenden (bzw. im poetischen Akt) liegt die „Potenz“ (lat. potentia) eine Stärke, Leistungsfähigkeit und Macht, die Kraft und das Vermögen, die noch nicht realisierte Möglichkeit zu pointieren.
Schauen wir auf das vitale Spannungsfeld zwischen den vornehmlich konzeptuellen Positionen der Berliner und denen seitens der Dresdner Meisterklasse, mit starker Ausrichtung auf Malerei, Betonung von Farbe, Bildraum, Narration und Geste: Im vorgstellten Intervall der Werke dieser jungen Künstler sind die Ansprüche an das Realisieren des „Gesprochenen“ (Geschaffenen) die gleichen. Es geht um den Zündfunken, das Erlebnis des Unausweichlichen. Die Flucht nach vorn. Gelingt es,mit ‘plötzlicher, unerwarteter Distanzierung den momentanen Standpunkt’ zu prüfen, ereignet sich ein Perspektivwechsel, wenn auch nur für Sekunden.* Das leere Versprechen, die unverbindliche Zusage – Worte, denen keine Taten folgen könnten auch mehr sein als eine Täuschung ohne Widerhall, sondern eine unsichtbare Spur. Nicht abrechenbar, verzeichenbar a priori, aber eine absurde Qualität des Realen, nach dem Motto: >“Ich sage dir eins: Du wirst mich nie vergessen.“ – Und er vergaß Sie nie.< Die sichtbare Tat bleibt aus, aber die Worte haben eine Wirkung die ihrem Sinn entspricht. Die Frage bleibt, was dieser irritierend nüchterne, gar ernste Titel sagen will. Verweist er auf die Kunstwelt „an-sich“, diese Welt voller Behauptungen? Ist er also eher ein Signal der Provokation, im Sinne einer Erscheinung (vs. Trugbild → franz. mirage kommt von engl. mirror → Spiegel), D.h. eines Sinneseindrucks der eben keine Spur hinterlässt, sondern lediglich eine sich selbst refletierende Behauptung ist, spiegelbildlich zum Kunstmarkt? Die MeisterschülerInnen der HfBK Dresden und der UdK Berlin forden dazu auf sich nicht von jenem täuschen zu lassen, das sich selbst verspeist, was in der jeweiligen Situation überflüssig oder sinnlos ist. Unausweichlich bleibt das Prüfen. –
Caroline S.
* Vgl.:
Francis Alÿs. Auszüge aus einem Gespräch in Buenos Aires, in:
A Story of Deception, Patagonien 2003-2006, Hrsg. Nikola Dietrich, Revolver – Archiv für aktuelle Kunst, Frankfurt am Main, 2006, S. 46 f.
„Der Anreiz besteht darin, Situationen zu schaffen, Geschichten zu erzählen, die in der Lage sind, eine plötzliche unerwartete Distanzierung zum momentanen Standpunkt hervorzurufen und… wie soll ich sagen… sie können unsere Überzeugungen erschüttern… sie… destabilisieren… das heißt, sie ermöglichen, nur für einen Moment, in einem Flash, einen anderen Blick auf die Dinge, von innen her…“